Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 19

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Erwachen

Der Hüne drehte sich langsam einmal im Kreis. Hjallmann, den er nur als den kleine giftigen Wildhüter kannte, lag zusammengekrümmt aber regungslos einige Schritte entfernt. Der kleine graue Esel stand mit zitternden Flanken und blutbeschmierten Hufen daneben. Das Wasser des Tümpels vor ihm lag schon wieder fast ruhig nur noch ein paar konzentrische Wellen und einige Luftblasen deuteten darauf, hin dass hier eben jemand versunken war. Der große kahlrasierte Angreifer, der im Sumpf stecken geblieben rang schmerzhaft und fast vergeblich nach Luft, er lag in einem scheußlichen Winkel zu seinem Knie und der dunkle Schlamm nahe seinem Hals färbte sich zunehmend dunkelrot. Er schloss kurz die Augen und holte tief Luft, dann spuckte er den metallischen Geschmack aus. Er wischte sein Waldmesser an einigen Grasbüscheln sauber und lehnte es an die Felswand, bevor er zu dem kleinen grauen Esel ging und ihn sachte am Halfter ein paar Schritte wegführte. Der Esel beruhigte sich nach ein paar Augenblicken, in denen er ihn streichelte und seinen Kopf an ihn lehnte.

Danach kümmerte er sich um den Jungen, der das ganze ausgelöst hatte. Der hatte sich mühsam an der Felswand halb aufgerichtet, lag nun aber so weitgehend regungslos mit halbgeschlossenen Augen an eine Wurzel gelehnt. Er schluckte mechanisch einige Schlucke, die ihm der Kohler vorsichtig einflößte, aber wurde dadurch nicht wacher. Er machte es ihm etwas bequemer, indem er ihm sein Hemd zusammengerollt unter den Kopf schob, kramte erfolglos nach der Satteltasche und zuckte dann aber die Achseln, als ihm einfiel, dass er die bei den gefällten Bäumen gelassen hatte.

Schließlich ging er zu dem kahlrasierten Angreifer, der im Morast feststeckte. Der atmete inzwischen etwas einfacher, konzentrierte sich nun aber auf sein verdrehtes Bein. Mit Tränen in den Augen versuchte der es so vorsichtig wie möglich aus dem Morast zu ziehen, aber bei jedem Zug am Knie verließ ihn die Kraft. Mit einem kurzen festen Ruck zog er ihm das Bein aus dem Sumpf und legte es sachte leicht angewinkelt aber gerade ab.

Bjarn hätte bei dem Ruck an seinem lädierten Knie fast das Bewusstsein verloren, aber in der neuen Position ebbte der Schmerz langsam von unerträglichen Wellen in schwer auszuhaltendes Pochen ab. Er blinzelte die Träne weg und konzentrierte sich auf den großen Mann, der ein paar Schritt von ihm weg in der Hocke saß, vor sich Bjarns Waffen auf dem Boden ausgebreitet.

„Du bist einer von ihnen“ stammelte er.

„Pssshh“ flüsterte der Kohler.

„Ich hab dich gesehen“ bekräftigte Bjarn „bei der letzten Schlacht“

„Nein“ der andere machte eine abwehrende Handbewegung.

„Du bist es, du bist der“ sagte Bjarn nun zunehmend sicherer werdend.

„Nein, Nein …“ Der große Mann beugte sich über ihn.

„Du bist“ brachte Bjarn heraus, bevor sich die mächtige Hand über Mund und Nase legte.

„Nein“ sagte er abschließend und drückt zu.

Der bittere Geschmack von Kiefernharz und Eichenblättern begleitete Bjarn während sich das Dunkel um ihn schloss und seine Lungen vergeblich nach Sauerstoff schrien.

Der riesenhafte Waldmann lehnte auf dem Gesicht des zappelnden Mannes, bis der aufhörte sich zu bewegen und dann noch ein paar Augenblicke länger.

„Nein“ wiederholte er ein letztes Mal.

***

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