Geschichten von Schwertern und Zauberei

Der Kohler – 22

This entry is part 22 of 25 in the series Der Kohler

In der Rußhüttte

In der Rußhütte war es fast dunkel, es fiel nur ein wenig Licht durch einen Spalt unter der Tür. Er lehnte an dem Tisch, den er vor die Tür geschoben hatte und versuchte die rußige Dunkelheit zu durchdringen, versuchte zu erkennen, ob an den Wänden oder auf dem Boden irgendetwas lag, das sich als Waffe verwenden lies. Obwohl die Tür den ganzen Winter offen gestanden hatte und die Hütte ebenso lange nicht mehr im Einsatz gewesen war, roch es hier drin brenzlig, nach altem Feuer und klebriger Staub, schien sich in der Nase abzulegen, er hustete.

Die vier Soldaten draußen behielten ihre Disziplin. Kein Spot, keine Beleidigung riefen sie herein, aber er war sich sicher, dass sie den einen Ausgang bewachten. Er hatte weder Bögen noch Armbrüste gesehen, das war gut. Aber wenn kein Langschwert zum Werkzeug eines Rußbrenners gehörte, sah es ziemlich schlecht für ihn aus.

Er tastete nach unten. Immerhin der Tisch war aus gutem Holz, vermutlich Eiche, die Beine würden gute Knüppel abgeben. Vielleicht genug um ein Wirtshaus zu leeren, wenn ein Lied auf das falsche Publikum stieß, aber nicht genug um vier Soldaten mit Waffen und Rüstungen zu schlagen. Er schüttelte den Kopf.

Er schüttelte den Kopf und fragte sich einmal, wie schnell doch der ruhige Tag umgeschlagen war und wie schnell er von der ruhigen betäubenden Arbeit als Köhler und Holzfäller weggekommen war und wie leicht eben schon wieder das Töten fiel.

Derweil draußen hatte Klaas das Feuer wieder angezündet und einige Fackeln entfacht. Mit diesen kam er zurück zur Rußhütte. Das steinerne Gebäude bestand größtenteils aus einem vollständig gemauerten Brennraum und Kamin und hatte nur im vorderen Teil einen Bereich indem die Pechsieder und Rußbrenner ihre Werkzeuge ablegten, sowie den Tisch auf den sie dem Ruß abfüllten. Der vordere Teil war auch gemauert aber hatte ein Holzdach, das mit großen flachen Schindeln gedeckt war.

Im Sommer und wenn sie arbeiteten tränken Sie das Dach sorgfältig mit Wasser damit es keinesfalls leicht Feuer fing, denn im hinteren Teil der Rußhütte, in der Brennkammer, brannte beinahe ununterbrochen und kokelnd Holz.

Obwohl das Dach auch wegen der geringen Niederschläge der letzten Tage trocken war, fingen die glatten Schindeln nur langsam Feuer. Ganz anders als Klaas es von den Stroh- und Reet-gedeckten Bauernhäusern der Region gewohnt war. Schlussendlich brannte es doch. Erst langsam dann zunehmend munterer, als sich das Feuer nach innen fraß.

Drinnen konnte er nun immerhin etwas sehen. Im vorderen Teil der Hütte hatte das Dach Feuer gefangen und nach einigen Minuten beleuchteten die Flammen beleuchteten nun auch den rußschwarzen Innenraum. Rauch breitete sich in dem kleinen Raum. Kaum so lang wie er, wenn er sich ausgestreckt hinlegte und gerade hoch genug, dass er aufrecht stehen konnte.

Er schaute sich hustend um. An den Wänden hingen Kellen und Pfannen, einige Bürsten und ein paar kleine Schaufeln. Nichts mit dem er sich den kurzen schweren Stichschwertern der Soldaten draußen stellen wollte.

Am vielversprechendsten waren noch zwei große bronzene Schürhaken die neben der großen Luke zum Brennraum hingen. Einer mit zwei gezackten Spitzen, eine Feuergabel, zum Stochern in der Glut und der andere mit einem stumpfen Haken, um Scheite auseinander oder zusammen zu schieben. Beide hatten schwarze Holzgriffe, waren etwa Armlang und hingen von kurzen Ketten an der Wand neben der Luke.

Er hustete nochmal. Die draußen rechneten damit, dass er jeden Augenblick die Tür stürmen würde. Durch das Verschieben des Tisches und dadurch, dass sich die Tür nach innen öffnete, würde ihn dann lange genug Zeit bleiben um auf ihn vorbereitet zu sein.

Und lange konnte er hier drin nicht mehr aushalten. Das Feuer würde sich zwar nicht nach unten ausbreiten, aber wenn das Dach voll in Flammen stand, würde es einstürzen und wenn ihn vorher nicht der Rauch und der Qualm schon erstickt hätten, würde er dann unter den brennenden Balken begraben. Sein Blick fiel auf die große schwere Metall Luke die zum Brennraum führte

Klaas stand hochzufrieden mit der Fackel in de Hand vor dem brennenden Haus. Das Dach brannte inzwischen lichterloh, Jahre von Ruß und Qualm hatten sich jahrelang pechschwarz auf das Holz gesetzt und hatten es gut zum Brennen vorbereitet. Er stellte sich vor wie die Flammen überall zwischen den Schindeln hervorlugten. Hitze und Rauch würde ihr übriges tun.

Jori stieß ihn an: „Meinst er verbrennt? Oder kommt er rausgerannt?“

Klaas zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Würd‘ mir ja wünschen, dass er rauskommt. Wär echt schade, wenn der ganze Spaß schon vorbei wär“

Demmi kam dazu: “Ich wette, er ist zu feige. Ein Fünfer sagt, dass er drinnen bleibt“

„Ich setz dagegen, in den nächsten 5 Augenblicken stürmt er aus der Tür“ sagte Hark

Klaas schaute Demmi böse an: „Was machst du hier und wer bewacht gerade die Rückseite?“

Aussichtlos

Drinnen breiteten sich die ersten Flammen wie Wellen an der Dachinnenseite aus. Er steckte mit dem Hintern einen Moment in der Lucke fest, bevor er den hindurchschieben konnte. Er hatte sich die Brennkammer angesehen und hatte die Hoffnung, dass er drinnen vor Rauch und Hitze ausreichend geschützt sein würde. Aber die Luke war und eng und deshalb war er mit den Füßen zuerst hineingekrochen. Lieber wollte er halb draußen hängend ersticken, als dass ihm die Füße abbrannten. Schließlich war er durch und zog die Metalluke hinter sich zu.

Die Brennkammer war rechteckig. Etwa mannsbreit und armtief. Sie hatte eine flache Decke, die zum Abzug am vorderen Ende anstieg. Es war warm und stickig in der Brennkammer, aber zumindest noch im Moment angenehmer als in der Vorraum. Er hockte sich mit dem Rücken zur Außenwand und stellte sich darauf ein, langsam an einer Rauchvergiftung zu sterben.

Dann fiel ihm die Position des Abzugs richtig auf. Der Schornstein der Rußhütte war am Ende des Gebäudes. Je Feiner der Ruß desto teurer war er, die Rußbrenner hier mussten den Qualm mindestens einmal umleiten, damit sich mehr von den feinen Partikeln absetzten.

Er stand unsicher auf, schwarze Flecken bildeten sich am Rand seines Seefeldes. Seine Finger suchten am Rand der Deckenplatte, bis er zwei Vorsprünge fand und mühsam die Platte ein wenig verschieben konnte. Worauf sie natürlich abrupt herunterfiel und er sie mit mit Hinterkopf und Schulter auffing. Es wurde etwas kühler in der Brennkammer als der Kamineffekt des Abzugs, frische Luft von einigen Zulässen am Boden des Brennraumes zog.

Sein Blick fiel auf den echten Kamin und entzückt auf eine eiserne Luke, die davor in das Dach eingelassen war. Sie war unverschlossen, von ihrem eigenen Gewicht an Ort und Stelle gehalten. Hoffentlich waren die Soldaten damit beschäftigt den Brand zu bewundern.

Er stieß die Luke auf und kämpfte sich durch die schmale Öffnung auf das Dach.

Gereizt bog Demmi nach dem Anpfiff durch Klaas um die Ecke des Gebäudes. Das Dach der Hütte brach gerade funkenstiebend zusammen und die Flammen schlugen lichterloh, als vom Dach des Gebäudes, hinter dem Schornstein hervor ein Dämon sich brüllend und glosend auf den kleinen Reiter stürzte.

Demmi quiekte erschrocken und riss noch die Arme nach oben, dann begrub ihn der Koloss aus dem Feuer unter sich. Sein Kreuz schlug knirschend auf einen hervorstehenden Stein. Und ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Rücken, während sich Kälte in seinen Beinen ausbreitete.

Der Kohler – jetzt hatte er sich den Namen wohl endgültig verdient – rappelte sich auf. Er hatte den Schürhaken beim Sprung und folgende Sturz verloren, die Feuergabel hatte er aber noch fest in der Hand.

Er fummelte am Gürtel des kleinen Reiters nach weiteren Waffen, bekam aber nur den Stein einer Bola in die Hand. Den packte er, wollte die Wurfwaffe direkt gegen den ersten Soldaten schleudern, der mit einer Fackel in der eine und dem Ochsenziemer in der anderen Hand auf ihn zu rannte. „Immer den schnellsten zuerst“ dachte er und riss den Arm nach oben. Bola löste sich allerdings nicht vom Reiter und er schleuderte den ganzen Mann samt Waffe ein Stück in die Richtung des Angreifers.

Klaas hatte nicht gesehen, wie der Kohler durch das Dach gekommen war, aber gehört, wie er vom Dach auf Demmi gesprungen war und losgerannt. Jetzt kollidierte er mit der kleinen Gestalt des Reiters, der sich wie eine zerbrochene Stoffpuppe um seine Beine wickelte, ihn zu Fall brachte.

Im Licht des Feuers glänzte die Haut des Hünen. Schwarze Rußstreifen und rote Verbrennungen zogen sich seinen Schultern entlang. Blut strömte von seinem Scheitel und troff vom Bart herunter.

Jori und Hark waren an der Klippe entlang um die Rußhütte gelaufen und kamen halb im Rücken des Kohlers zum Stehen. Der Koloss richtete sich jetzt auf, hinter ihm lagen ihre beiden Kameraden übereinandergeworfen wie Spielzeug. Mit der Feuergabel in der einen und der Scythensichel von Demmi in der anderen Hand brüllte er eine unverständliche Warnung und stürmte auf sie los.

Es gibt keine Feiglinge in der schweren Infanterie des Reichs. Jori und Hark standen Schulter an Schulter, die kurzen schweren Schwerter auf den heran stürzenden Gegner gerichtet. Wellen von brüllenden Wilden waren an ihnen und ihren Kameraden gebrochen, so auch diesmal. Beinahe perfekt im Takt Schritte stieß Joris Klinge von unten nach oben und Harks von oben nach unten, direkt in den Lauf eines Gegners der nicht mehr dort war. Mit einer kaum merklichen Drehung seines Fußes hatte der Kohler die Bahn gewechselt und glitt rechts an Hark vorbei, die Feuergabel lenkte dessen Schwert so weit ab, dass es harmlos gegen Joris Waffe stieß. Auf Höhe der Schulter sauste die Sichel herab und grub sich tief von oben in die Stirn des Soldaten.

Die Sichel löste sich nicht aus Harks Kopf und der Ruck brachte den Kohler aus dem Gleichgewicht. Zwang ihn Waffe loszulassen und er kam etwas ungeschickt zum Stehen. Mit überkreuzten Beinen stand er einen guten Schritt hinter seinen beiden Gegnern von denen einer hustend zu Boden ging während der andere herumfuhr, mit einem wütenden Streich den Kohler zu einem hektischen Sprung nach hinten zwang. Am Rand der Klippe kam er zu stehen.

Jori folgte ihm wütend, aber vorsichtig und auf die enorme Reichweite seines Gegners bedacht, ging er mechanisch ein Bein vor das andere, Schritt für Schritt, trieb seinen Gegner langsam den Rand der Klippe entlang.

Ein bronzener Schürhaken ist wenig geeignet einen entschlossenen Schwertträger zurückzuschlagen. Zunehmend in Bedrängnis und immer darauf bedacht nicht in den Abgrund zu stürzen, wob der Haken ein verzweifeltes Muster in die Luft. Das schwere Stichschwert grub dabei tiefer und tiefere Zacken und Kerben in den Haken.

Neben den beiden brach ein weiterer Teil des brennenden Daches ein. Funken und Flammen schlugen hoch und der Wind wehte die glühende Asche in die Gesichter der Kontrahenten. Ein Funke bahnte sich den Weg in Joris rechtes Auge halbblind schlug der der ein wildes X vor sich in die Luft und versuchte hektisch und Tränen blinzelnd den Fremdkörper aus dem Auge zu bekommen. Der Kohler hatte rechtzeitig die Augen geschlossen, er zog die Feuergabel weit zurück, um dem Abschwung Joris keinen Widerstand zu bieten und nutzte die schmale Lücke in der Deckung des anderen und das blinde Auge für einen Stich in die rechte Halsseite, der zweite Zacken grub sich von unten durch das Kinn in den Gaumen und erstickte Joris Schmerzensschrei.

Beinahe beiläufig wischte er mit der flachen linken Hand das Schwert beiseite, dass der andere noch einmal instinktiv hochgerissen hatte und es fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Boden. Gurgelnd rann Blut aus zusammengepressten Lippen und Jori sank zusammen. Der Kohler bückte sich nach dem Schwert und ließ seinen Besitzer im Blut würgend liegen, dann bog er um die Ecke des brennenden Rußhauses.

Klaas hatte sich inzwischen aus der Umarmung des kleinen Reiters befreit und war wieder auf den Beinen. Er sah die hünenhafte Gestalt ihres vormals Gefangenen um die Ecke des brennenden Gebäudes treten, Blut und Ruß zeichneten Streifen und tiefe Schatten auf die Gestalt. Das Feuer glänzte auf der Stirn und flackerte in den Augen. Der Ochsenziemer fiel aus seiner Hand. Das Schwert in der Linken ging der Kohler langsam auf seinen letzten Gegner zu. Der Rädelsführer, der ihn vorhin verhöhnt hatte und vorhin damit geprahlt hatte, was er mit dem Mädchen im Teich unten am Fuß der Klippe getan hatte, hatte die Hände bittend erhoben. Er griff die beiden Hände in einer, Klaas wimmerte, als die Knochen in seinen Fingern knirschend aneinander malten. Langsam und mühsam zog er den kleineren Mann an den Armen nach oben, ließ das Schwert fallen und packte mit der linken im Schritt des anderen zu, hob ihn so vom Boden auf. Klaas hatte sich schreiend zusammengekrümmt, als ihn der Kohler an den Eiern griff. Wie Glasscherben schossen ihm die Schmerzen durch den Unterleib, als seine Hoden quetschten. Er spürte wie seine Hände losgelassen wurden und ruderte mit den Armen, dann packte ihn der Hüne am Kragen und hob ihn weiter hoch.

Klaas versuchte erfolglos am Kopf oder den Schultern seines Peinigers Koloss halt zu finden. Schweiß und Ruß hatten eine ölige Schicht auf die Haut geklebt und seine Finger glitten erfolglos herab, als er sich windend und um sich schlagend versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Unaufhaltsam kam der Rand der Klippe auf ihn zu und mit einem wütenden stöhnen wurde er in die Luft gestoßen unter ihm, tief unten die Baumwipfel.

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