Eckert: In den Tunnel
Gregor kommt bei uns an. Bückt sich im Lauf und reisst Alex und mich an den Armen hoch. Dante ist schon selber auf die Beine gekommen und taumelt in Richtung des Tunneleingangs. Ich kann kaum einen Fuß vor den anderen setzen, aber die Hitze in meinem Rücken und die hektischen Lippenbewegungen: „Lauf Lauf Lauf“ spornen mich an.
Außer uns scheinen es die meisten anderen, die noch auf dem Feld auf den Beinen waren in den Tunnel geschafft zu haben. Wir stehen und gehen recht dicht gedrängt ein Stück hinter der Tunnelöffnung. Drängen weiter und tiefer hinein. Als ich ein lautes Brausen von hinten höre. Die kleine Gruppe Bluthunde hinter uns beginnt zu drücken und zu schieben und sogar hier schon zwölf Schritt hinein in die Erde spüre ich die Wärme im Nacken. Uns weht ein heftiger Wind ins Gesicht, als das Inferno draußen die Luft gierig verschlingt. Wir drängen weiter.
Der Tunnel in dem wir uns befinden ist meist breit genug, dass zwei Gerüstete bequem nebeneinander gehen können oder 4-5 sich in einer Reihe nach vorne drängen können. Der Boden ist fest, an einigen Stellen spüre ich Steinfliesen unter dem Geröll. Die Wände sind teils abgestützt mit Holzbalken teils sehe ich Mauerreste. Wir drängen uns durch eine Engstelle in einen größeren Raum und Dante deutet auf einige große Runde Holzreste: „Fässer! Das was waren einmal Keller oder so was“
Wir folgen einem ziemlich verschlungenen Weg und ich habe völlig die Orientierung verloren, wo wir uns unter dem Feld befinden oder wo die Burg ist, zu der dieser Tunnel führen soll. Glücklicherweise kommen wir rasch in einen weiteren größeren Raum, in dem unsere Sappeure ihre Ausrüstung lagern und gerade einige Verwundeten untergebracht sind. Einige Steine an den Wänden leuchten, eines unserer Talente muss das Licht dort gebunden haben.
Lunte grinst mich aus seinem rußverschmierten Gesicht an. Er steht neben Latam, der gerade noch Conrad bequemer hinlegt. Bengas und Stief sehe ich nicht. Ich suche mir einen Weg durch die Verwundeten zu ihnen : „Na Hauptmann, schön dass du uns hier unten besuchst. Wir hätten aufgeräumt, wenn du vorher etwas gesagt hättest.“ Ich schaue ihn nur an. „Äh, was geht oben vor, Irgendwas was wir wissen sollten, oben?“
Gregor mischt sich ein: „Estell und eine Nyx haben sich am Wickel, für uns Mondäne war das zu heiß.“ Mondän mein Arsch, denke ich mir. Gregor stand direkt daneben und ist kaum angesengt, außerdem hat er Alex und mich ein gutes Stück getragen. Vielleicht ist an dem Beten und dem Zölibat das man ihm nachsagt doch etwas dran.
Lunte pfeift durch seine Zahnlücke. „Wir könnten der Nyx ein paar Überraschungen hinterlassen“. Ich kenne seine Überraschungen. „Und wie kommen wir hier wieder raus, wenn ihr den Tunnel zum Einsturz bringt?“ „Ich habe Stief und Bengas ein Stück vorausgeschickt, ich glaube, wir finden können einen alten Kamin frei räumen, kommen dann in dem kleinen Waldstück im Süden hoch.“ „Warum Bengas, der hat doch keine Ahnung vom Graben“ „Aber er ist der Dickste“ sagt Lunte.
Latam legt ihm eine Hand auf die Schulter. Meine beiden Anwärter der eine kahlrasiert und tiefschwarz, während Bengas` Haut sich schon im Schatten rötet, passend zu seinen karottenroten Haaren. Beide von ihren Stämmen eine halbe Welt auseinander vertrieben, haben sie sich hier im Troß kennen gelernt, bei einer Schlägerei vor der heißen Maid. Latam und Bengas sind vor allem groß. „Bengas ist nicht dick“ sagt er. „Er hat tolle Muskeln, kein Gramm Fett wo es nicht hingehört. Fährst du ihm über den Bauch, das fühlt sich an, wie ein Waschbrett“. Und die beiden sind ein Paar.
Lunte schaut ein wenig verkniffen, während Latam sich drückend auf seine Schulter.
Bevor ich eingreifen muss, kommen Stief und Bengas zurück. Stief ist schmutzig und abgewetzt, wie immer. Der sonst sehr gepflegte Bengas ziemlich mit Erde verschmiert, vor allem auf der Brust und an den Schultern. „Er passt“ murmelt Stief.
Eckert: Vorbereitungen
Da der mögliche Fluchtweg laut Stief passt, lasse ich Lunte und seine Faust die vorgeschlagenen Fallen vorbereiten. Er und Stief sitzen jetzt im Kreis und tuscheln mit den drei anderen Verrückten, wie sie ihr Arsenal am besten aufteilen. Brent ist ein schwächeres Talent, Licht und Feuer, vor allem teilt er die Begeisterung für Explosionen und Donnerschläge.
Talpa und Conin haben nur eine für mich unbegreifliche Begeisterung am Graben und Bauen. Die beiden waren unsere einzigen Pioniere bevor Stief und Lunte zu uns gestoßen sind. Spezialisten werden immer großartig bezahlt, also haben wir die Sappeure zu einer Faust zusammengefasst. Das hier ist allerdings der erste Einsatz als Einheit und Conrad und ich sind uns noch nicht sicher, ob die 5 wirklich zusammenpassen.
Dante sitzt bei Conrad und stopft ihm gerade eine Peife, als ich mich zu den beiden setze. Conrad ist etwas bleich aber blutet nicht. Er schaut mich etwas beschämt an. „Dumm gelaufen und zeigt auf sein Bein. Ich bin in ein Loch getreten“. „Knie oder Knöchel?“ „Schienbein, aber du musst dich nicht darum kümmern!“
„Lass mich mal sehen“ Ich schneide trotz seiner Proteste das Hosenbein auf. „Mhmm, das ist ziemlich verdreht“ Könnte besser sein, aber auch schlimmer, ich kann das gebrochene Scheinbein sehen, aber es steht nicht aus der Haut. „Mach ihm die Pfeife an, dann hilf mir“. Conrad hält die Pfeife, während Dante die klebrige Mischung aus Mohn und Knaster mit eine Stückchen glühender Lunte anzündet. Conrad behält angestrengt den süßlichen Rauch in der Lunge, bemüht weder zu Husten noch zu sehr darauf zu achten, was Dante und ich mit seinem Bein anstellen. Dante fixiert das Bein und ich winde ein Seil einige Male um den unteren Teil der Wade. Das Seilende gebe ich Latam in die Hand. Ich lächle Conrad an: „Das wird jetzt gleich ein wenig weh tun, aber du darfst nicht verkrampfen. Ich zähle bis drei und dann zieht Latam dir das Bein gerade“.
Conrad zeigt mir nur den Mittelfinger. Ich tippe Latam an und der schwarze Hühne lehnt sich in das Seil. Das Bein streckt sich und ich kann sehen, wie der Knochen tiefer sinkt und die Haut am Schienbein etwas weniger spannt. Ich drücke mit den Handballen auf die Bruchstelle und kann unter meinen Fingern spüren, wenn die Knochen einrasten, als ich der Drehung der Wade etwas nachhelfe.
Conrad hat das ganze natürlich so ausgehalten, wie es sich für einen Krieger gehört, geschrien und geheult wie ein Baby hat er. Ich bin immer ziemlich fertig, wenn ich bei den Verwundeten helfe. Also sitze ich dann erst einmal auf dem Boden, während Conrads Schreie noch verhallen.
Dante sagt etwas, ich verstehe ihn nicht, ich sehe, wie die Sappeure hektisch aufstehen. Lunte lässt beinahe die Tonflasche in seiner Hand fallen und die anderen vier ducken sich. Dann atmen sie sichtbar auf, als er sie fest zu fassen bekommt. Ich rapple mich mit Dantes Hilfe aus – die Nyx ist im Tunnel.
Eckert: Fallen im Tunnel
Die Nyx ist im Tunnel und das einzige zwischen ihr und uns sind 5 irre Bombenleger. Die Stille ist ohrenbetäubend, aber es hat auch etwas für sich. Ohne die hektischen Rufe und das Wimmern ausblenden zu müssen, kann ich mich auf einen Plan konzentrieren, wie wir den Verletzten hier im Tunnel einige Minuten mehr erkaufen können.
Ich signalisiere Dante und den beiden Anwärtern mir zu Folgen. Am Eingang zum Gang steht schon Gregor bereit. Aha, sein Schwert und seine Rüstung glosen jetzt, als hätte er in einem Eimer Glühwürmchen gebadet. Er macht einen Schritt in den Tunnel, aber ich halte ihn am Arm fest. Ich zeichne einen Halbkreis in den Boden. Zeige auf ihn und den Kreis. Er ist unentschlossen, sagt irgendetwas. Die Stille hat wirklich Vorteile, so kann ich einfach ignorieren, dass er mir Befehle gibt und zeige wieder auf die Verwundeten und den Kreis. Dann nickt er endlich. Und macht einen Schritt zurück in den Raum, er macht „schu schu“ Bewegungen mit der Hand. Unter einer der Lampen an der Decke stößt er sein Schwert zwei Handbreit in den Steinboden, dann beginnt es heller zu leuchten.
Dante ist bereits einige Schritte nach vorne Latam und Bengas stehen noch etwas unentschlossen direkt vor mir. Ich schiebe die beiden an, dann gehen wir alle zusammen in die Tunnel. Etwa 10 Schritte vor uns an einer Ecke steht Talpa an einem Stützbalken und kratzt mit seinem Dolch ein Öffnung in die Decke darüber, Conin spendet ihm Licht und reicht ihm, gerade als wir uns an ihnen vorbeidrücken wollen, ein rundes Tongefäss. Er erstarrt, als Bengas ihn streift, aber bringt das Gefäß ohne Malheur an den Mann.
Wir gehen vorsichtig weiter. Ich hoffe die 5 haben noch keine Stolperdrähte gelegt. Wir kommen an die zweite Engstelle und ich verstehe, dass sie den gesamten Raum in dem Dante vorhin die Fässer gesehen hat, zum Einsturz bringen wollen. Jetzt machen Stief und Lunte sich gerade am entfernteren Zugang zu schaffen. Stief hält 4 Finger hoch ich gebe ihm drei, dann drücken wir uns durch die alte Türöffnung. Lunte klopft mir an’s Bein. Er winkt, bis er alle Aufmerksamkeit auf sich hat, dann zeigt er auf Kniehöhe an der Wand. Die Geste danach kenne ich nicht, aber seinem breiten Grinsen nach soll es Explosion heißen.
Wir gehen jetzt richtig vorsichtig weiter. Ab jetzt kann nur noch die Nyx auftauchen und wir müssen den beiden ihre 4 Minuten erkaufen.
Von vorne kommt ein eiskaltes Licht. Wir sind jetzt direkt vor der ersten großen Öffnung im Tunnel oder besser dem ersten Keller durch den wir gegangen waren, der mit den Steinfliesen am Boden.
Ich bedeute Bengas und Latam hinter mir zu bleiben, Dante krabbelt am Boden entlang nach vorne.
Ich schiebe mein Schwert auf Kopfhöhe um die Ecke, Dante schaut von unten in den Raum. In der Hoffnung, dass das Schwert den Angriff zieht, falls jemand auf uns lauert. Dante winkt mich hinterher, dann gleitet er ihn den Raum. Ich sehe die Nyx mit zwei Bluthunden. Spielen ist der beste Ausdruck dafür.
Wird fortgesetzt…